Die Vertreibung habe ich als nicht so tragisch empfunden
Franz Konrad wurde am 3. September 1934 auf einer deutschen Sprachinsel in der Gemeinde Langendorf bei Mährisch Trübau (Dlouhá Loučka u Moravské Třebové) geboren. Die Eltern besaßen einen größeren Bauernhof, auf dem Franz und seine Schwester mithalfen. Nach der Annexion des Sudetenlandes 1938 gehörte die Gemeinde zum Deutschen Reich. Durch die Grenznähe zum Protektorat lag ein Teil des Lands von Familie Konrad auf tschechischem Gebiet. Sie schmuggelten in der Zeit öfter kleinere Mangelwaren ins Sudentenland. Vom Krieg erinnert Herr Konrad vor allem den Einfall der Russen in ihr Haus und die Abführung des Vaters Richtung Russland. Dem Vater, der dank seines fortgeschrittenen Alters nicht dienen musste, gelang es den Sowjets zu entfliehen und zur Familie zurückzukehren. Franz kam im September 1945 nicht in die Schule, weil er kein Tschechisch konnte. Im Mai 1946 wurde der Hof beschlagnahmt und die ganze Familie vertrieben. Im selben Transport fuhr die Wirtschafterin des örtlichen tschechischen Kommissars – ein Partisan – mit, der sie unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes nach Deutschland schickte. Nach einer Zwischenstation im unangenehmen Lager in Zwittau ließ sich die Familie in Forchheim nieder. Die Eltern erhielten vom Staat als materiellen Ausgleich eine Bauparzelle. Franz wurde Weber, arbeitete aber die meiste Zeit in einer Fabrik für Flugzeitkugellager. Sein ganzes Leben war er in Verbänden aktiv und erzählt seinen Enkeln mit Stolz von seinen Wurzeln, aber ohne Anzeichen von Bitterkeit.