Katharina Dötterl

* 1981

  • „Sie würden das genauso wieder machen. Also, da ist auch keine Verbitterheit dabei. Weil sie zufrieden sind. Sie sind jetzt da von wo sie ausgegangen sind. Das System ist ein anderes, und sie können frei leben, sie haben ihre Ruhe da oben, keiner nervt, keiner greift an. Sie haben ihr Leben gefunden, das sie haben wollten“.

  • „…und irgendwann gab es so ein riesigen Schrei. Und dann kam irgenjemand reingerannt und hat gemeint wir dürfen jetzt ausreisen. Da gab es ein Haustelephon und da hat mein Vater das Haustelefon benutzt und hat gefragt, ob wir wirklich ausreisen dürfen. Und da hat er gemeint „ja, wir dürfen ausreisen“. Wir sollen unsere Sachen packen. Und dann gings los. Was packt mann? Ich habe viele Sachen dort bekommen, die musste ich alle dort lassen, da die Tasche natürlich auch nicht gereicht hätte und wir konnten dann auch nur eine Tasche quasi mitnehmen. Und dann wurden die Sachen gepackt und dann ging es langsam die Treppe runter. Und da haben wir dann erst gesehen, wie voll es eigentlich wirklich gewesen ist. Weil, wie gesagt, auch die ganzen Treppen auch noch mit Menschen voll waren. Und dann standen wir unten in diesem grossen Hof, in diesem Torbogen, und wir hatten das Glück uns noch von dem kleinem und vom grossen Andreas verabschieden zu können und sind dann so langsam in diese Busse rein, wobei ich mich an den Weg von der Botschaft zum Bahnhof gar nicht erinnern kann. Also ich erinnere diese Busfahrt nicht. Ich erinnere mich nur an den Bahnhof, und dieses lange stehen von den Treppen bis zum Gleis. Und dann am Gleis haben wir noch den Herrn Botschafter getroffen, den Herrn Huber, und er hatt uns noch alle gedrückt bis wir sassen im Zug…“

  • „Es war dann noch auch Schuleinführung. Also am 1. September wurden alle Kinder, die in der Botschaft sechs oder sieben Jahre alt gewesen sind, wurden dann quasi in die Schule eingeführt. Da hatte die Botschafterin selbst gefahren, hat die Zuckertütten besorgt, und hat Schulbücher besorgt und dann mussten wir auch alle Unterricht machen“.

  • „Wir haben dann irgenwann das Botschafter-Ehepaar kennen gelernt. Und, er ist ja Bayer, aus der Nähe von München, und sie ist Französin. Und das war einfach so ein herzliches Ehepaar und die haben viel mit uns gemacht. Und wir haben Bilder für sie gemalt. Und dann durften wir auch in den Botschaftspark, und haben wir halt da in dem Park gespielt. Mit diesen rieβen grossen Statuen, und sind rumgefetzt, und haben das Botschaftspersonal kennen gelernt: den groβen und kleinen Andreas. Also, wir haben mit dennen auch gespielt und haben denen auch zugeguckt, wie sie Frisbee gespielt haben und wir hatten einfach eine schöne Zeit".

  • „Zu Ostzeiten war das so, dass man am 30.6. Ferien bekommen hat und ab dem 1. Juli waren Ferien bis zum 31. August. So ab dem 1. September würden wir dann wieder in die Schule gegangen. Und meine Eltern hatten zu mir gesagt…ich habe immer sehr viel erzählt…und immer das Falsche erzählt. Also auch Geheimnisse ausgeplaudert. Und meine Eltern haben zu mir gesagt, wir fahren nach Eisenach in den Ferien zu meinem Opa, zu meinem…zu dem Vater meines Vaters, wir werden dort abgeholt und verbringen die Ferien bei meinen Grosseltern im Grenzgebiet. Da sind wir in den Zug eingestiegen, wir hatten so Magnettafeln, die es heute auch noch gibt, wo man so draufschreiben kann und dann macht man das wieder weg und irgendwann war es mir zu langweilig und habe gemeint, wie lange dauert dass den bis wir endlich in Eisenach sind. Und da haben meine Eltern gesagt. Na wir fahren nicht nach Eisenach, wir fahren nach Dresden…Wie so, was soll man in Dresden? Haben sie gemeint, ja, wir wollen nach Prag fahren und warte erstmal ab. Wir waren halt sehr früh in Dresden, und wenn wir den nächsten Zug nach Prag gleich genommen hätten, wären wir zu früh in Prag gewesen. Das heiβt wir waren noch sehr lange in Dresden am Bahnhof und haben dann erst den späteren Zug nach Prag genommen damit wir so in den frühen Morgenstunden dann erst in Prag sind. Sonst wären wir dann in der Nacht in Prag gewesen. Und das war dann für mich auch total langweilig an dem Bahnhof zu hocken und auf den Stühlen, und ich wusste gar nicht, was soll das jetzt. Was wollen wir jetzt in Prag, wir wollten doch zum Opa…Hm…Dann kammen wir irgendwan in Prag an. Und ich habe das…nach dem Zug musste noch irgendwas gewesen sein, mit den Pässen, da haben wir Kinder aber geschlafen. Und wir kamen dann in Prag an, sind dann in Prag rumgelaufen, haben uns alles angeschaut...und ehm, kamen dann zur Botschaft und die war aber zu. Weil, ich weiss gar nicht, was das für ein Tag gewesen ist. Aber normalerweise wäre kein Besucherverkehr gewesen. Das heiβt wir sind dann noch bisschen rumgelaufen, und noch weiter rumgelaufen und irgendwann waren wir wieder vor der Prager Botschaft. Und das hat ein tschechischer Polizist gesehen und kam dann über den Platz, da muss ein kleiner Platz davor sein, das weiss ich jetzt nicht mehr genau. Und kam so rübergelaufen und in dem Moment ging auch die Tür von der Botschaft auf. Und mein groβer Bruder und meine Mutter sind bereits rein und der Polizist war aber schon bei uns und hat meinen Vater am Arm gepackt. Und mein kleiner Bruder und ich haben nur draufgeschaut, das mein Vater festgehalten wird und meine Mutter hat immer gerufen, dass wir reinkommen sollen, aber ich konnte da nicht weg. Also ich wäre ohne meinen Vater definitiv da nicht reingegangen. Und der Botschaftsmitarbeiter hat immer gerufen, der Tscheche sollte den Mann loslassen, ich habe das nicht verstanden, ich spreche immer noch kein Tschechisch, leider. Und mein Vater hat sich immer…hat uns nach Vorne gedrückt Richtung Eingang und hat sich selber mit hingezogen und irgendwann war halt mein Vater quasi auf Botschaftsgelände mit uns und der Tscheche musste meinen Vater loslassen, weil er darf ja nicht mit in die Botschaft rein. Und dann ging die Tür zu. Und dann waren wir an der Prager Botschaft. Am ersten Juli. 1989."

  • Full recordings
  • 1

    Praha, 20.06.2019

    (audio)
    duration: 01:09:34
    media recorded in project Stories of the 20th Century TV
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Taky to není tak, že když je teď člověk na západě, tak automaticky všechno má.

Katharina Dötterl
Katharina Dötterl
photo: archiv pamětníka

Katharina Dötterl, rodným jménem Kuhn, se narodila dne 23. března 1981 ve východoněmeckém Eisenachu. Její otec byl vodohospodářem, matka pracovala jako sekretářka. Pamětnice má ještě staršího a mladšího bratra. Dne 19. února 1987 k nim v noci domů vtrhla policie v doprovodu příslušníků armády. Rodina byla z pohraničí nuceně přesídlena do Sömmerdy. Zatímco matka pracovala jako hlavní sekretářka v Domě hospodářství, otec již své zaměstnání vykonávat nesměl. Jelikož zhruba od roku 1987 tlak na jejich rodinu zesílil, vydali se ještě v den vydávání vysvědčení vlakem přes Drážďany do Prahy. Na Velvyslanectví Spolkové republiky Německo v Praze se dostali jako jedni z prvních. Prostory barokního Lobkovického paláce se pomalu plnily uprchlíky z DDR a ze zhruba patnácti lidí, kteří tam byli již od července, tam pak na podzim přišlo kolem 4 000 lidí. Dne 30. září 1989 k nim do podkrovního bytu velvyslanectví přišlo zhruba sto lidí. V tento den Spolkový ministr zahraničních věcí Hans-Dietrich Genscher pronesl z balkonu pražského velvyslanectví legendární větu, kterou oznámil uprchlíkům, desetitisícům občanů tehdejší Německé demokratické republiky, že jim bude umožněno vycestovat na západ. Vlakem přes Drážďany se dostali až do tábora pro uprchlíky v Hennebergu. Poté žili nedaleko Chiemsee a v průběhu následujících let v Mammendorfu, Deggendrofu a v Hofu. Rodiče se zpočátku živili jako pomocná síla v zahradnictví, než si našli práci v oboru. Paní Dötterl vystudovala v Erfurtu dějiny umění a religionistiku. Po studiu pracovala v oblasti politického vzdělávání. V roce 2004 se již s vlastní rodinou a rodiči vrátila domů do Lutzbergu. Od roku 2018 je ředitelkou Místního historického muzea v Gerstungen.