The following text is not a historical study. It is a retelling of the witness’s life story based on the memories recorded in the interview. The story was processed by external collaborators of the Memory of Nations. In some cases, the short biography draws on documents made available by the Security Forces Archives, State District Archives, National Archives, or other institutions. These are used merely to complement the witness’s testimony. The referenced pages of such files are saved in the Documents section.

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Rainer Eppelmann (* 1943)

Wir müssen mit dem Flüstern aufhören und es laut sagen.

  • 1943 Geburt in Berlin-Pankow

  • Vater Zimmerman, Mutter Schneiderin

  • Keine Mitgliedschaft in kommunistischen Jugendorganisationen

  • Besuch des Johannes-Kepler-Gymnasiums in West-Berlin

  • 1961 Mauerbau und erzwungener Schulabbruch

  • Arbeit als Dachdecker-Hilfsarbeiter

  • 1962-65 Ausbildung zum Maurer

  • 1965 Studium an der Fachschule für Bauwesen nach kurzer Zeit abgebrochen

  • 1966 Verweigerung des Wehrdienstes und Einzug als Bausoldat, Verurteilung zu acht Monaten Haft wegen Befehlsverweigerung

  • 1969-74 Studium der Theologie an der Fachhochschule “Predigerschule Paulinum” in Berlin

  • ab 1974 Hilfsprediger, später Gemednepfarrer in der Samaritergemeinde

  • ab 1979 Organisation von Blues-Messen mit dem Musiker Günter Holly Holwas

  • 1982 Formulierung des Berliner Appells für die Abrüstung in Ost und West zusammen mi Robert Havemann

  • Mai 1989 Anzeige gegen unbekannt wegen Wahlfälschung bei den Kommunalwahlen

  • Oktober 1989 Gründungsmitglied, später Vorsitzender des Demokratischen Aufbruches

  • Dez 1989 – März 1990 Mitglied des Runden Tisches

  • Nov 1989 – März 1990 Minister ohne Geschäftsbereich in der Regierung Modrow

  • März - Oktober 1990 Minister für Abrüstung und Verteidigung im Kabinett von Lothar de Maizière

  • 1990 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages

  • seit 1998 ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Kindheit und Jugend

Rainer Eppelmann wurde 1943 in Berlin-Pankow geboren, der Vater war Zimmermann, die Mutter Schneiderin. Seine allererste Kindheitserinnerung hat Eppelmann an die so genannten „Schwedenspeisungen“, vom Ausland finanzierten Massenspeisungen für Kinder unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine weitere bewusste Erinnerung hat er an den 17. Juni 1953, als ihm sein Vater erzählte, wie er gesehen hatte, dass sowjetische Panzer auf streikende Arbeiter geschossen haben. Eppelmann selber erinnert sich an sowjetische Panzer, die einige Tage später durch ihre Straße in Berlin-Pankow fuhren und an ein älteres Ehepaar, das diesen Panzer zujubelte. An seinem Leben änderte sich danach zwar nicht, er erinnerte sich jedoch stets an den Panzer und weiß heute, dass dieses Ereignis allen DDR-Bürgern hätte klar machen müssen, dass sie in einer Diktatur leben. Eppelmanns Eltern waren kritisch gegenüber dem Regime und erzogen ihre Kinder im christlichen Glauben, was auch eine politische Entscheidung war. Die Bevormundung durch den Staat spürte Eppelmann selbst in dem Moment, als er trotz gutem Zeugnis nicht die Oberschule besuchen durfte: Der Vater war „Grenzgewinnler“, d.h. jemand, der in der DDR lebte und in West-Berlin arbeitete. Zudem war Eppelmann weder bei den Pionieren, noch bei der FDJ und war auch nicht zur Jugendweihe gegangen. In West-Berlin gab es jedoch Gymnasien, die extra für Schüler aus der DDR eingerichtet waren. Eppelmann und seine Schwester besuchten das Johannes-Kepler-Gymnasium in Neukölln. An jedem 17. Juni wurden sie auf dem Weg zur Schule aus der S-Bahn geholt, um daran gehindert zu werden, an der Gedenkfeier in der Schule teilzunehmen.

Mauerbau und Ausbildung

Der Schulbesuch in West-Berlin endete am 13. August 1961mit dem Bau der Mauer. Eppelmann und seine Schwester waren damals in der 11. Klasse und konnte somit das Abitur nicht mehr ablegen. Damit zerschlugen sich auch seine Pläne für ein Architekturstudium. Für sein weiteres Leben war es wichtig, dass er zwei verschiedene Schulsysteme kennen gelernt hat: in dem einen ging es um die Vermittlung von Inhalten, die man nachsagen sollte und konnte, in dem anderen dagegen lernte man zu fragen und zu differenzieren und sich eine Meinung zu bilden. Eppelmann war zu einem fragenden Menschen erzogen worden und musste nach 1961 dann in System des Auswendiglernens und Nachbetens zurückkehren. Nach dem Mauerbau blieb der Vater im Westen, wo er arbeitete. Dieser Schritt war wohl mit der Mutter abgesprochen, weil sie davon ausgingen, dass die DDR dass nicht lange durchhalten und dass der Westen das nicht akzeptieren würde. Eppelmann selbst musste fortan als Dachdecker-Hilfsarbeiter arbeiten. Nach einem Jahr wurde ihm eine Ausbildung als Maurer und Putzer angeboten, die er annahm und auch beendete. Nach seiner Gesellenprüfung bewarb er sich an der Fachschule für Bauwesen. Bald nach dem Beginn des Studiums merkte er jedoch, dass er in diesem System nicht mehr zu Recht kam, wurde mehrmals krank und brach schließlich das Studium ab.

Dienst als Bausoldat

Nach dem Abbruch seines Studiums begann er wieder als Maurer zu arbeiten, wurde aber bald von der Nationalen Volksarmee als Bausoldat eingezogen. Seit 1964 war es möglich, den Dienst an der Waffe zu verweigern, man diente jedoch trotzdem in militärischen Objekten als Bausoldat. Eppelmann war bereits vor 1964 gemustert worden, aber nicht eingezogen worden, da er sich noch in der Ausbildung befand. Als er eingezogen werden sollte, verweigerte er aus verschiedenen Gründen: Der wichtigste, aber inoffizielle Grund war seine Haltung, dass er ein solches Regime nicht verteidigen wolle. Das zweitwichtigste und zudem offizielle Argument war die religiös begründete Weigerung, Menschen zu töten. Zudem wollte Eppelmann aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands auf keinen Fall einem Staat unbedingten Gehorsam leisten müssen. So wurde er auch während seiner Dienstzeit zu acht Monaten Zuchthaus wegen mehrfacher Befehlsverweigerung verurteilt und leistete nach der Entlassung seine restlichen anderthalb Jahre Dienst ab.

Lehren aus der Haftzeit

Diese Haftzeit habe ihm in seinem gesamten Leben in Entscheidungssituationen geholfen, da er sich immer überlegte, was eigentlich passieren könne. Er wusste bereits, dass er auch einige Jahre Gefängnis akzeptierten könnte und entschied sich somit auch einige Mal für Dinge, für die er auch einige Jahre Haftzeit erwarten könnte. Als er 1992 Zugang zu seinen Stasi-Akten erhielt erfuhr er jedoch, wie weit die Staatssicherheit in ihren Überlegungen zu ihm gegangen war: seine „Liquidierung“ war bereits geplant gewesen, etwas, was er sich aus Naivität heraus nicht hatte vorstellen können. Ein Verkehrsunfall, den er schwer verletzt überlebt hatte stellte sich so im Nachhinein als von der Stasi herbeigeführt heraus.

Prager Frühling und ´68-Bewegung

Das erste Ereignis bei der Eppelmann seine Überzeugung offen zeigte, war eine Solidaritätsbekundung, die er in der tschechoslowakischen Botschaft nach der Niederschlagung des Prager Frühlings unterzeichnete. Der Prager Frühling hatte ihm große Hoffnungen gemacht, dass auch Reformen von oben möglich sein könnten und wenn diese Erfolg gehabt hätten, auch auf andere Länder hätten übergreifen können. Die Solidaritätsbekundung unterzeichnete er nicht nur mit Namen, sondern verzeichnete zudem seine Adresse. In den Stasi-Akten ließ sich jedoch keine Dokumentation dieses Ereignisses finden. Eppelmann verfolgte wie fast alle DDR-Bürger das westdeutsche Fernsehen, über dass er auch von der ´68-Bewegung in Westdeutschland erfuhr. Er war verwundert über diese Bewegung, da die Menschen im Vergleich zur DDR doch in einem besseren Staat leben müssten. Die Verwunderung über diese Bewegung äußerte man jedoch nur still in engen Kreisen beispielsweise der Kirchengemeinden. Die Ereignisse in Ungarn ´56 sowie in Prag ´68 bewegten Eppelmann jedoch emotional viel stärker als die westdeutsche ´68-Bewegung, da die Erfahrungen in den Staaten des Ostblocks seiner eigenen Situation viel näher waren. 1968 führte zudem dazu, dass Eppelmann ein politisch interessierter Mensch wurde und sich ab dann täglich informierte: er hatte begriffen, dass seine eigene Existenz mit den Ereignissen in der Politik sehr konkret verbunden waren, und man darum zumindest wissen müssen, was geplant und gedacht wird.

Menschen, die ihn beeindruckt haben

Sehr stark beeindruckt haben Eppelmann die Liedtexte von Wolf Biermann: Dieser hatten den Mut öffentlichkeitswirksam und laut die Dinge zu sagen, die sich alle dachten, aber nur flüsterten. Texte aus den siebziger Jahren wie beispielsweise von Bahro oder Havemann beeinflussten ihn nicht, da er auch keinen Zugang zu ihnen hatte. Erst später wurden andere Texte wichtig, vor allem von Havel, dessen Ausspruch über die Hoffnung Eppelmann voll zustimmen kann. („Hoffnung ist nicht die Überzeugung dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“)

Ausbildung zum Pfarrer

Ein Glücksfall auf seinem weiteren Berufsweg war für Eppelmann der Mangel an Pfarrer in der DDR nach dem Mauerbau. Zuvor waren viele junge Pfarrer aus dem Westen für einige Jahre in der DDR tätig, nach 1961 wollte das keiner mehr machen, da sie sonst die Staatsbürgerschaft der DDR hätten annehmen müssen und damit nicht zurück gedurft hätten. Nach 1961 führte die DDR somit eine Neuregelung zur Ausbildung von Gemeindepfarrer ein: Mit mittlerer Reife, einer abgeschlossenen Berufsausbildung und möglichst auch einigen Jahren Berufserfahrung konnte man ein Theologiestudium an einem von zwei neu eingerichteten Fachschulen absolvieren. Nach der Rückkehr aus der Armee suchte Eppelmann nach einer beruflichen Tätigkeit, die ihn zumindest fordernde und zufrieden machte und absolvierte so ein Studium an der Fachschule Paulinum in Berlin. Er schätzt sich selbst als einen guten Gemeindepfarrer ein, seine Arbeit machte ihm Freude, war aber auch risikobeladen, was er erst nachher merken sollte. Nach dem Tode Havemanns war er einer der meist überwachten Personen im Raum Berlin, auf ihn waren mehr als 40 IMs angesetzt, wie er erst nach 1990 erfuhr. Nach der friedlichen Revolution hatte Eppelmann eine Annonce geschaltet, um den für ihn zuständigen Führungsoffizier der Stasi ausfindig zu machen, der sich tatsächlich bei ihm meldete. Eppelmann wunderte sich sehr über den Aufwand, der wegen ihm betrieben worden war und bezeichnet es als unglaublich, dass ein ganzer Apparat aufgebaut worden war, um die Männern an der Spitze vor dem eigenen Volk zu schützen.

Blues-Messen

Nach seinem Theologiestudium wollte Eppelmann gerne in Berlin bleiben und hatte zudem eine Zusatzqualifikation für die Jugendarbeit absolviert: So bekam er eine Stelle als Gemeindepfarrer in der Samaritergemeinde und wurde zudem Kreisjugendpfarrer für den Kirchenkreis Berlin-Friedrichshain. Dort begann er Jugendgottesdienste zu organisieren, was von der Stasi als „Operativer Vorgang Kreuz“ dokumentiert wurde, da hier etwas Neues entstand, was sich an junge Menschen richtete, die so eventuell dem Zugriffsbereich des Staates entzogen wurden. Eines Tages besuchte Günter Holly Holwas, ein Blues-Musiker, Rainer Eppelmann und machte ihm den Vorschlag, Blues-Konzerte in seiner Kirche zu spielen. Zusammen entwickelten sie die Idee, Gottesdienste mit Musik zu organisieren. Zu dem ersten Gottesdienst kamen bereits 150 Besucher, vornehmlich Fans von Holly, die zum ersten Mal im Leben in einer Kirche waren. Nachdem das Interesse an diesen Blues-Messen auf mehrere Hundert Menschen angestiegen war, begannen Eppelmann und der beteiligte Pfarrer der Nachbargemeinde Heinz-Otto Seidenschur die Jugendlichen mit in die Vorbereitung der Gottesdienste einzubinden. Dies geschah auch im Kontext der neuen sozialdiakonischen Jugendarbeit, die ab Mitte der siebziger Jahre Jugendliche in die Gemeinden einbinden wollte, die sonst nicht mit der Kirche in Kontakt kamen. Die Themen für die Gottesdienste wurden dann von den Jugendlichen vorgegeben, es kamen immer mehr Menschen und die Begeisterung war sehr groß, da hier Dinge ausgesprochen wurden, die alle dachten, sich aber nicht traute zu sagen. Nachdem der Platz in der Kirche irgendwann nicht mehr ausreichte, wichen sie in eine Kirche nach Lichtenberg aus, die zwar nicht größer war, aber auf dem großen Vorplatz einige Tausend Menschen fassen konnte. Zu den Blues-Messen kamen schließlich 8.000 bis 9.000 Besucher aus der ganzen DDR. Diese Aktivitäten weckten natürlich die Aufmerksamkeit der Stasi, die Druck nicht nur auf Eppelmann, sondern auf die Vertreter der Kirchen bis hin zum Bischof ausübten. Der damalige Generalsuperintendant von Berlin sagte jedoch gegenüber der Staatsmacht, dass dies eine besondere Form von Gottesdienst für eine bestimmte Gruppe von Menschen sei, die er nicht verbieten werde.

Freundschaft mit Robert Havemann

Mit Robert Havemann war Eppelmann lange gar nicht bekannt, er kannte ihn nur namentlich. Bei einer Weiterbildung der Kreisjugendpfarrer behandelten die Teilnehmenden das Thema Außenseiter und da kam der Vorschlag auf, mit Menschen zu sprechen, von denen die DDR meinte, dass sie Außenseiter sein. Die Kreisjugendpfarrer trafen somit zu einem Gespräch mit Havelmann zusammen, nach welchem Eppelmann noch alleine blieb. Hieraus entwickelten sich weitere Treffen und in den wenigen Monaten ihrer Bekanntschaft vor Havemanns Tod auch eine richtige Freundschaft.

Berliner Appell

Über die westdeutschen Fernsehsender erfuhren auch Havemann und Eppelmann von der Friedensbewegung im Westen, der von ihren Regierungen vorgeworfen wurde, dass die Demonstrationen gegen die so genannte Nachrüstung lediglich Moskau und Ost-Berlin unterstützten würden. Havemann und Eppelmann entwickelten die Idee, die westlichen Demonstranten zu unterstützten, indem sie im Ostblock gegen die sowjetischen SS20-Raketen protestierten. Auf diese Weise wollten sie auf der einen Seite die Westaktivisten von dem Vorwurf befreien und auf der anderen Seite der DDR-Regierung ihren Protest deutlich zu machen. Im Berliner Appell riefen sie 1982 zur Abrüstung in Ost und West auf. Öffentlichkeit suchten sie vor allem über die Westpresse. In der Folge wurde Eppelmann verhaftet, doch durch Bemühen der Kirche, Proteste der Öffentlichkeit und Drohungen aus der BRD wurde er nach drei Tagen freigelassen. Es hatte sich also ein stärkeres öffentliches Interesse entwickelt, die Unzufriedenheit der Bevölkerung in der DDR war gewachsen.

Friedliche Revolution 1989

Bis zum Herbst 1989 hatte es nur etwa 800 Engagierte in der gesamten DDR gegeben, im Herbst 1989 jedoch wuchs die Oppositionsbewegung zu einer tatsächlichen Revolution, an der laut Schätzungen 1,5 bis 2,5 Millionen DDR-Bürger teilnahmen. Das Regime war zunächst bereit, Gewalt anzuwenden, nach den Massenprotesten in Leipzig am 9. Oktober 1989 war dies jedoch nicht mehr möglich. Die neue Taktik war Bestechung über ein neues Reisegesetz: Das Regime rechnete damit, dass einige Millionen Bürger ausreisen würden, dann aber die Überzeugten bleiben würden. Eppelmann betont jedoch, dass die Protestentwicklung damit jedoch nicht beendet worden wäre, weil die Bürger der DDR weiterhin in den Westen schauten und die wirtschaftliche Situation der DDR nicht lösbar, das Land unregierbar geworden war.

Versuchte Wahlmanipulation 1989

Bereits bei den Wahlen zur Volkskammer 1986 hatten Mitglieder der Samaritergemeinde versucht, in einigen wenigen Wahllokalen bei den öffentlichen Auszählungen dabei zu sein und dann das beobachtete Ergebnis mit den offiziell verkündeten Zahlen zu vergleichen. In den fünf oder sechs beobachteten Wahllokalen war das Wahlergebnis viel schlechter als verkündet, dies war jedoch noch kein Beweis. Die nächste Möglichkeit bot sich bei den Kommunalwahlen 1989; durch die lange Vorbereitungszeit konnten zumindest in einigen Berliner Bezirken (Friedrichshain, Weißensee, Prenzlauer Berg und Mitte) die Auszählung in einem Großteil der Wahllokale beobachtet werden. Und wiederum wichen die offiziellen Zahlen stark von den Ergebnissen der Beobachtungen ab, der Beweis für die Wahlfälschung war erbracht worden. Mehrere Personen und Gruppen, so auch Eppelmann persönlich, erstatteten daraufhin Anzeige wegen Wahlbetruges gegen Unbekannt. Eppelmann wurde daraufhin strafrechtliche Verfolgung wegen Verleumdung angedroht, letztendlich ihm aber lediglich der Zutritt zur konstituierenden Sitzung der Stadtbezirksversammlung verweigert.

Entwicklungen Ende der achtziger Jahre

Die Berliner Samaritergemeinde war seit Ende der siebziger Jahre zu einem Zentrum der ökumenischen Friedensdekaden geworden. Im Herbst 1988 entstand dort die Idee, die aufgelöste Ost-SPD wiederzugründen. Auf eine Anfrage an die bundesdeutsche SPD kam jedoch nie eine Antwort. Bei Eppelmann setzte sich das Gefühl durch, dass auf diesem Wege nichts mehr passieren würde, man sich also letztendlich in das aktive Handeln einmischen müsse. So begannen sich verschiedene Gruppierungen zu bilden und Eppelmann resümiert, dass im Nachhinein die Existenz unterschiedlicher Gruppierungen anstelle eines gemeinsamen Auftretens vorteilbar war, da diese einzelnen Gruppen zusammen lauter reden konnten. Folgen des Mauerfalls 2:09:16 - 2:16:23 Der Mauerfall hatte für Eppelmann vor allem die politische Folge, dass die Frage der deutschen Einheit stärker in den Vordergrund rückte. Zunächst jedoch ging es auch um eine veränderte DDR. Die DDR-Bürger hätten gerne vergleichbare Chancen und Möglichkeiten wie in der Bundesrepublik gehabt, wissend, dass das Nicht-Funktionieren der DDR nicht in der eigenen Unzulänglichkeit begründet lag, sondern an der des Systems. Die Frage sei allerdings stets gewesen, wie man das System ändern solle, vor allem in Anbetracht der Präsenz sowjetischer Soldaten. So war Eppelmann auch im Prozess der Einheit der Meinung, dass man auf die Reaktion der Sowjetunion achtgeben müsse.

Öffnung des Grenzübergangs Bornholmer Straße

Am 9. November 1989 war Eppelmann in der Bornholmer Straße anwesend, als dort der erste Berliner Grenzübergang geöffnet wurde und die Menschen ungehindert nach West-Berlin gelangen konnten. Als er an der Mauer ankam, war der Schlagbaum noch geschlossen und einige Zeit lang wusste niemand, wie der diensthabende Offizier reagieren würde. Schließlich gab er den Befehl, die Waffen in den Schrank einzuschließen, auch wenn die Grenze noch bewacht wurde. Eppelmann fragt sich im Nachhinein, was passiert wäre, wenn sie an diesem Abend nicht einfach losgegangen wären und so die Öffnung der Mauer erzwungen hätten. Er vermutet, dass nichts passiert wäre und die DDR-Führung lediglich einige Tage später ein neues Reisegesetz verabschiedet hätte, das nichts verändert hätte.

Opfer oder Akteur?

Eppelmann zieht das Fazit, dass er am 17. Juni 1953 zum Untertan gemacht worden war, am 13. August 1961 zum Leibeigenen und sie dann „Flüsterer“ wurden, die nicht mehr laut aussprachen, was sie dachten. Irgendwann begriff er mit dem Ausspruch Havels, dass Hoffnung nicht die Überzeugung ist, dass eine Sache gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht. Eppelmann ist sehr glücklich und dankbar, dass es gut ausgegangen ist und er keinen Grund sieht, sich als Opfer zu betrachten.

© Všechna práva vycházejí z práv projektu: Stories of 20th Century

  • Witness story in project Stories of 20th Century (Dorothee Ahlers)